Wer war da? Aischa, Bali, Cassy und Stella
mit Besuch von Hugo
Nach einem entspannten Weihnachtsfest im Kreise meiner Familie zog am 2. Weihnachtstag die braune Labbi Hündin Aischa sichtlich erfreut mit Sack und Pack bei uns ein. Kurze Zeit später hatte ich nicht nur einen Labbi neben mir auch der Couch, sondern zwei. Wie ein perfektes Puzzleteil passte sich Aischa in unser Leben ein.
Am Donnerstag kam lebhafte Abwechslung in unser Stillleben, indem zunächst der junge Golden Retriever Bali eintraf und kurz danach Hugo mit seinen Besitzern, weil wir uns zu einem gemeinsamen Spaziergang verabredet hatten. Der junge Labmeraner passte vom Energielevel perfekt zu Bali. Die beide flitzten über Felder und durch Wälder, sodass der junge Retriever sich ordentlich anstrengen musste. Zeigte er Anzeichen von Erschöpfung, reagierte Hugo rücksichtsvoll und drosselte das Tempo. Über ihre Spielbegeisterung freute ich mich sehr, denn ich hatte gehofft, dass die Hunden sich draußen ordentlich austobten, sodass sie danach zu Hause tief entspannt ausruhen konnten.
Am Freitag morgen zog die graue Labbi Hündin Stella bei uns ein. Sie war seit dem Sommer 2016 nicht mehr bei mir gewesen, hatte damals aber auch Aischa getroffen. Ich wartete gespannt, ob die beiden sich wiedererkennen würden. Die erste Begrüßung fiel ziemlich steif aus, die Hündinnen stellten die Nackenhaare hoch und stolzierten steif umeinander herum. Durch Stella kam unruhige Energie in mein Zuhause. Die Trennung von ihrer Familie fiel ihr sichtlich schwer und das Einfügen ins Rudel ebenfalls. Stella ist eine sehr selbstbewusste Hündin mit einem starken Ego. die andere Hunde nicht gern sah. Wobei sie mit Kimba keinerlei Probleme hatte.
Die Situation spitzte sich zu, als die ängstliche Cassy gegen Abend eintraf. Stella schoss direkt auf die Kromfohrländer Hündin zu und stauchte sie verbal lautstark zusammen. Cassy quickte erschrocken, und ich machte mir große Sorge, wie die nächsten Tage verlaufen sollten. Zum Glück blieben Cassys Herrchen und ich erst einmal ruhig. Ich verwies Stella ins Wohnzimmer, und wir beruhigten zunächst Cassy. Nach einer Weile führte ich Stella an der Leine wieder herein. Ich freute mich darüber, dass die Labrador Hündin deutlich entspannter wirkte und keinerlei weitere Attacken gegen Cassy startete. Diese jedoch hielt mit nervösen, hochtönigen Bellern die größere Hündin auf Abstand. Wir entschieden, einen gemeinsamen Spaziergang zu unternehmen, um den beiden draußen die Chance zu geben, sich zu beschnuppern. Das funktionierte gut. Wir konnten sogar nach einem Stück die Hunde von der Leine lassen. Cassy verbellte Stella weiterhin und schoss mehrmals vor die Labrador Hündin. Diese bewies aber nun erstaunliche Ruhe und ließ sich nicht provozieren.
Als wir zusammen mein Haus betraten, wirkte das Rudel beruhigt und so blieb Cassy bei uns. Weil sie bei unserem letzten Testtag die halbe Nacht unten im Wohnzimmer gejault hatte, nahm ich sie samt Bettchen mit ins Schlafzimmer. Dort schlief sie deutlich ruhiger. Wieder etwas gelernt!
Am nächsten Morgen zog ich mit den vieren los. Stella geht an der Leine ziemlich schlecht. Sie zieht stark und hat aufgrund ihres muskulösen Körpers auch reichlich Saft dahinter. Ich hatte zu ihrer Beschäftigung den Wurfarm und den Ball eingesteckt, und sie genoss es sichtlich, dem Ball mit Volldampf hinterherzurennen und danach in unfassbarem Staccato darauf herumzukauen. Zum Glück kam sie auf meinen Rückruf zuverlässig zurück. Weil Cassy sich deutlich zutraulicher verhielt, leinte ich auch sie ab. Sie lief fröhlich neben mir her und freute sich über die Rückrufspielchen, die ich von ihrem Herrchen abgeguckt hatte. So schlenderte ich zufrieden durch den Wald, obwohl es in Strömen regnete. Als wir auf die Straße zugingen, wollte ich Stella und Cassy anleinen. Bei Stella hatte ich kein Problem, doch Cassy zuckte zurück und wollte sich nicht anleinen lassen. Ich lockte sie mit Leckerchen, doch sie durchschaute mich schnell und wich weiter zurück. Da ich sie nicht verschrecken wollte, führte ich den Spaziergang zunächst fort und hoffte, dass sie mir ohne Leine folgte. Das tat sie auch, wenn auch zögerlich. Als ich erneut versuchte, sie mit einer lockenden Stimme und Leckerchen in der Hand zu mir zu rufen, lief sie in den Wald zurück. Nun bekam ich langsam Panik und ging ihr hinterher. Jetzt rannte sie vor mir weg.
Durchatmen. Wie sollte ich die kleine Kromfohrländer Hündin zu mir holen, wenn sie vor mir zurückschreckte? Ich versuchte, ruhig zu bleiben und ging den geplanten Weg weiter. Sie hielt einen riesigen Abstand zu uns, und als ich sie noch einmal rief, rannte sie endgültig weg. Der Schreck fuhr mir heiß in die Glieder. Oh nein! Cassy hatte kein Vertrauen zu mir, wollte nicht zurück. Zwingen konnte ich sie nicht, einholen erst recht nicht. Ich brauchte Hilfe und rief zu Hause an. Da mein Mann einkaufen war, beorderte ich meine beiden Töchter sofort auf den Feldweg. Sie sollten Cassy entgegengehen, sie bestenfalls einfangen oder zu mir treiben.
Während wir noch telefonierten, erblickte ich Cassys grünes Leuchthalsband auf dem Feldweg parallel zu mir auf und ab flitzen. Sie wusste nicht, wohin, war total in Panik. Ich rief sie laut und setzte meine Pfeife ein. Auf den Pfiff reagierte sie, lief in meine Richtung, änderte aber nach Kürze ihre Meinung und rannte erneut weg. Ich erkannte einen zweiten Spaziergängen, der mit seiner Hündin Lilly auf Cassy zuging. Cassy bellte und rannte wieder Richtung Wald. Ich ging ihr von der anderen Seite entgegen, um ihr den Weg abzuschneiden. Sie roch den Braten und floh mitten durch den Wald.
In meinem Kopf spulte ein hektisches Notfallprogramm ab. Wie konnte ich die panische Hündin nur einfangen? Sie war viel schneller als ich und total in Angst. Ihre Herrchen befanden sich seit sieben Stunden auf dem Weg nach Italien, das konnte ich vergessen. Einen Facebook Aufruf starten? Und dann? Wer sollte diese wuselige Hündin packen können? Wie wurden sonst ängstliche Hunde eingefangen? Haben wir so etwas wie einen Hundefänger? Die einzigen, auf die sie hören würde, wären ihre Besitzer, aber die waren zu weit weg. Ich hoffte auf meine Kinder und darauf, dass Cassy sich ihnen anvertrauen würde.
Schweren Herzens und komplett durchnässt beschloss ich, nach Hause zu gehen. Ich sah das grüne Licht nicht mehr flitzen und mir blieb nichts weiter über, als ein Gebet nach dem anderen ans Universum zu senden. Allein war ich machtlos!
Uns kam ein langsam fahrendes Auto entgegen. Ein anderer Hundebesitzer war von seiner Frau benachrichtigt worden, dass im Wald ein Hund frei herumlief. Er wollte helfen. Auch meine jüngste Tochter tauchte klatschnass auf. Ich bat den Autofahrer, Marie mitzunehmen, und wollte selbst die anderen Hunde nach Hause bringen, damit ich ohne Hunde weitersuchen konnte. Zu Hause angekommen, informierte ich aufgelöst meinen Mann, der mit meiner älteren Tochter die Suche per Fahrrad aufnahm. Ich legte in der Zeit die anderen Hunde trocken und wollte sie gerade mit Essen versogen, als Cassy klitschnass vor meiner Haustür stand. Vollkommen erleichtert öffnete ich die Tür, Kimba bellte und Cassy rannte weg. Verzweifelt rief ich meinen Mann an, doch der hatte sein Handy in der Eile vergessen. Ich zog mir trockene Sachen an und lief wieder raus. Mittlerweile waren noch drei weitere Hundebesitzer zu Hilfe geeilt und fuhren mit Auto sowie Fahrrad hin und her auf der Suche nach Cassy. Ich erblickte sie vor der Garageneinfahrt des gegenüberliegenden Hauses, klingelte aufgeregt und bat um Erlaubnis, den Garten zu betreten, um die aufgebrachte Hündin dort einzukesseln. Zu dritt zingelten wir sie ein, doch sie entkam, da der Garten nicht vollständig eingezäunt war. Wie der grüne Blitz schoss sie davon. Ein Stich der Verzweiflung zerriss fast mein Herz. So knapp dran!
Sie lief wieder über die Straße und wurde von einer Hundebesitzerin auf dem Fahhrad verfolgt. Cassy verfranste sich im nächsten Garten. Dort war es einfacher, den Einzug zu verbauen. Diesen bewachte nun Nox und sein Frauchen, dort würde sich Cassy nicht vorbeitrauen. Ich hob Marie, die mittlerweile wieder aufgetaucht war, samt Leine über den Zaun. Zusammen mit meinem Mann kesselten sie Cassy erneut ein. Diesmal schafften wir es, die zitternde Hündin zu ergreifen und anzuleinen.
Mir fiel ein zentnergroßer Brocken vom Herzen und Tränen der Erleichterung schossen in meine Augen. Dankbar fiel ich allen Helfern um den Hals. Unfassbar, wie schnell sich die Kunde über den verlorenen Hund verbreitete und wie schnell sich hilfsbereite Nachbarn einfanden. Ohne ihre Hilfe hätte ich die verschreckte Hündin nicht einfangen können. Außerdem teilten sie mir mit, dass auch alle Autofahrer auf unserer Straße rücksichtsvoll reagierten und langsam führen, als Cassy mehrmals über die Straße rannte. Wie Annett sehr treffend formulierte: »Zusammen sind wir stark!« Absolut richtig! Und allein war ich erschreckend schwach!
Den Rest des Tages brauchte ich, um meine und Cassys Nerven zu beruhigen. Wir kuschelten viel auf der Couch und überraschenderweise verhielt sie sich sehr anhänglich. Auf meinem nächsten Spaziergang war ich total verkrampft und wickelte Cassys Leine dreimal um mein Handgelenk.
Abends stürzte sich Stella wütend auf Aischa, als diese von meiner Tochter gekrault wurde. Die graue Labrador Hündin hatte tatsächlich ein Problem damit, nicht im Vordergrund zu stehen. Ab diesem Moment ging Aischa ihr weiträumig aus dem Weg und vermied jeden Blickkontakt. Leider fiel es durch solche Aktionen schwer, die notwendige Ruhe in meine Pension zu bringen. Die Stimmung unter den Hunden blieb angespannt.